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Als
ich im Dezember 2003 mit mit dem Reiseplan für
unsere einwöchige Andalusien-Laufreise
fertig war und diesen den anderen Teilnehmern im Internet vorgestellt
hatte, rief mich der Steffen an und meinte: "Zenon, es gibt
auch noch NATUR!"
Natur? - fragte ich mich, klar gibt es auch Natur in Andalusien,
aber ist es denn nicht schade um die Zeit, anstelle der einmaligen
Kulturschätze von Granada, Cordoba und Sevilla sich die andalusische
Land-schaft anzu-schauen? Ich hatte unseren Plan voll mit Besichtigungen
von Kathedralen, Kirchen, Klöstern, Museen, Festungen und Schlössern
gefüllt und war fest überzeugt, das würde den anderen
auch gefallen oder sie würden es zumindest über sich ergehen
lassen, denn das Hauptziel der Reise war ja sowieso der Sevilla-Marathon.
Nun musste ich umdenken und den Plan etwas ändern, so dass
alle auf ihre Kosten kämen. Steffen und seine Frau Betina wollen
also in die Natur, so fing ich an zu recherchieren, was es da so
für Möglichkeiten in dieser Richtung in der Umgebung von
Granada und Sevilla gab. Es fiel mir dabei ein, dass Betina eine
leidenschaftliche Ornithologin ist und in einer Fachgruppe
mitarbeitet sowie eine AG
für Kinder leitet. Also suchte ich nach Nationalparks und
Naturreservaten, wo möglichst viele seltene Arten von Vögeln
vorkommen würden. Exotisch waren sie für mich sowieso
alle, denn außer Weißstroch und Sperling und vielleicht
noch einer Elster konnte ich damals kaum einen Vogel identifizieren.
Ich durchforstete zig von Internet-Seiten, las Beschreibungen und
schaute mir viele schöne, bunte Fotos an von Flamingos, Steinadlern,
Uhus,
Bienenfressern,
Bekassinen,
Löfflern,
Kampfläufern,
Eisvögeln,
Rötelfalken
und, und, und ... Und so begann mir die ganze Sache immer mehr zu
gefallen. Nach ein paar Tagen war die neue
Version
des Reiseplans fertig, diesmal mit einem Lauftag (Sevilla-Marathon),
4 "Kultur- " und 2 "Natur"-Tagen: Donnerstag
mit Parque
Natural Sierra de Huétor und Montag mit dem Parque
Nacional de Doñana (Foto oben
links). Sierra de Huetor haben wir dann später ausfallen lassen
und statt dessen einen Ausflug in die Sierra Nevada unternommen
(s. ausführlicher
Bericht von der Andalusien-Reise) , Donana blieb aber
und wurde zu einem eindrucksvollen Erlebnis.
Der Nationalpark Donana wurde 1969 gegründet und besteht
aus 3 Gebieten (s. Karte oben): die Dünen und Wirtschaftsflächen,
das Jagdrevier und das salzwasserhaltige Marschland.
Das letztere Gebiet ist am charakteristischten, wegem ihm wird dieser
Naturraum als wichtigstes Feuchtgebiet Europas betrachtet. Seit
dem Altertum war das Marschland von Donana für seinen Vogelreichtum
bekannt. Mit Einbruch des Winters dient das Gebiet als Zufluchtsort
für Vögel aus Nord- und Mitteleuropa, die hier Schutz
vor der winterlichen Kälte suchen. Die Feuchtgebiete erhalten
den Besuch von Gänsen, Krick-, Löffel-, Spieß-,
Pfeif-, und Tafelenten, Möwen und Uferschnepfen.
Im Frühling vermehren sich gewöhnlich Arten wie der Rallenreiher,
der Purpurreiher, der Löffler,
die Weißbartseeschwalbe, der Stelzenläufer,
dier Säbelschnäbler
und das Purpuhrhuhn sowie Blässhuhn, Stockente, Schnatterente,
Tafelente usw. Im Uferbereich befinden sich große Korkeichen,
in denen sich im Frühjahr die sogenannten "Vogelkolonien"
von Donana" bilden, Kolonien von Reihern, Seiden- und Rallenreihern,
Löfflern, Störchen, Nachtreihern usw.
Es gibt 5 Besucherzentren (Centro Visitantes, s.
Karte oben): "El Acebuche" (Tel.: 959448739), "La
Rocina" (Tel.: 959 44 2340), "Palacio de El Acebron",
"Jose Antonio Valverde" und "Fabrica deHielo"
(Tel. 956 38 1635).
Wir entscheiden uns gleich für das
Erste und fahren am Montag nach dem Marathon über die Landstrasse
A-49 (Sevilla-Huelva) [Ausfahrt Bollullos del Condado und weiter
auf der A-483 Richtung Matalascanas] von Sevilla in das Donana-Besucherzentrum
El Acebuche (Karte).
Wir sind gegen 10:30 dort und schon auf dem Parkplatz fliegen uns
mehrere Blauelstern
"vor die Ferngläser". Wir schauen uns in dem Besucherzentrum
um, gehen dann auf dem ca. 4,5 km langen, mit Holz ausgelegtem Pfad
"Lagunas del Huerto y las Pajas" durch einen Pinienwald
(Foto links) und halten Ausschau nach Vögeln an jedem der vier
Beobach-tungsstände.
Schon am ersten Stand sehen wir das Donana-Symbol - das Purpurhuhn
(Foto rechts). Weitere Beobachtungen: Krickente, Tafelente, Kolbenente,
Zwergtaucher sind für einen "alten Orni" wie Betina
nicht so spektakulär, für mich ist aber alles neu und
ich freue mich wie ein Kind über jede "Neuentdeckung".
Dennoch, wir haben eigentlich mehr erwartet und obwohl die Gegend
sehr schön ist, beschliessen wir, weiter Richtung Küste
nach Matalascanas zu fahren. Dort sehen wir aber kilometerlang
nur Ferienhäuser und eintönige Feriensiedlungen und entscheiden
kurzerhand, wieder umzudrehen und nach La Rocina zu fahren.
Die
Entscheidung erweist sich als goldrichtig. Wir landen in einem
"Vogel-beobachtungs-paradies", zumindest kommt es mir
so vor. Wir laufen am Ufer des "Marisma del Rocino" entlang
(Foto links) , Betina nennt uns die Namen der vielen "exotischen
Vögel": Flamingos (o.k. den hätte
ich auch so erkannt), Stelzenläufer
, Löffler,
Säbelschnäbler,
Sichler,
Uferschnäpfen,
Bekassinen,
Rotschenkel
(Foto) u.a, die wir hier sehen. Ich staune, dass sie sie alle sofort
indentifizieren kann, obwohl viele von ihnen bei uns ja gar nicht
vorkommen.
Auf dem Rückweg schauen wir uns noch die berühmte
Wallfahrts-Kirche von El Rocio an (Foto). Jedes Jahr zu Pfingsten
zieht dieser Ort Hunderttausende von Pilgern an, es ist sozusagen
der einzige Lebenszweck des kuriosen Ortes. Eine außergewöhnliche
Wallfahrt, bei der Geistliches und Weltliches eine Symbiose bilden,
bei der Tanz, Musik, Gesang, Gitarren, Kastagnetten, Tambourins
und die feierliche Verehrung der Madonna eine geradezu elektrisierende
Spannung in der Luft erzeugen.Im Ort selbst kann kaum von einem
Alltagsleben gesprochen werden, El Rocío erinnert mit seinen
extrem breiten Staubpisten und vollkommen überdimensionierten
Plätzen eher an eine verwaiste Westernstadt.
Am späten Nachmittag verlassen wir wieder
El Rocio und den Donana-Nationalpark. Wir haben gerade mal den ersten
Eindruck von dieser faszinierenden Region gewonnen.
Es war bestimmt nicht unser letzter Besuch dort.
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